Kardinal Parolin über die Herausforderungen der Diplomatie
Andrea Tornielli und Mario Galgano - Amman/Vatikanstadt
„Ich möchte die grundlegende Bedeutung der christlichen Präsenz im Nahen Osten bekräftigen.“ Mit diesen Worten fasste Kardinal Pietro Parolin im Interview mit unserem Chefredakteur Andrea Tornielli seine Eindrücke von der Einweihung der neuen Kirche des Lateinischen Patriarchats an der Taufstelle Jesu in Jordanien zusammen. Die Liturgie, an der über 6.000 Gläubige teilnahmen, war für Parolin nicht nur ein Zeichen der Lebendigkeit der christlichen Gemeinschaft, sondern auch ein Anlass, über weltpolitische Entwicklungen nachzudenken.
Jordanien: Ein Land der Hoffnung
Die Einweihung der Kirche an einer Stätte, die einst ein Minenfeld war, symbolisiert für Parolin den Wandel von Konflikt zu Frieden. „Wie der Prophet sagt, können Speere zu Sensen und Waffen zu Werkzeugen des Friedens werden“, erklärte der Kardinal. Jordanien stehe beispielhaft für das friedliche Zusammenleben von Religionen, auch wenn die christliche Minderheit in der Region zunehmend schrumpfe.
Positive Entwicklungen in Syrien und Libanon
Parolin zeigte sich vorsichtig optimistisch in Bezug auf Syrien, wo jüngste Signale auf eine mögliche neue Ära hindeuteten. „Hoffen wir, dass für Syrien eine Zeit beginnt, in der alle Bürger gleiche Rechte haben“, so der Kardinal.
Auch die Wahl eines neuen libanesischen Präsidenten nach zweijähriger Blockade sei ein ermutigendes Zeichen. „Es ist ein wichtiger Schritt, der die Kontinuität des Landes sichert und die Grundlage für dringend benötigte Reformen schafft“, betonte Parolin. Er verwies auf die Notwendigkeit, Opfer der Hafenexplosion von Beirut zu entschädigen und die wirtschaftliche Stabilität wiederherzustellen.
Herausforderungen der Diplomatie
Im Kontext der globalen Konflikte, insbesondere des Krieges in der Ukraine, beklagte Parolin die zunehmende Schwierigkeit, Kompromisse auszuhandeln. „Es fehlt an Vertrauen“, sagte er und verwies auf den „Geist von Helsinki“ als ein Vorbild für effektive Verhandlungen. Institutionen wie die Vereinten Nationen hätten an Einfluss verloren, was den Dialog zusätzlich erschwere.
Fortschritte im Dialog mit China
Ein weiterer Schwerpunkt des Gesprächs war das vorläufige Abkommen mit China über die Ernennung von Bischöfen. Parolin verteidigte den Ansatz des Heiligen Stuhls, trotz Kritik den Dialog fortzusetzen. „Es gibt keine magische Lösung, aber dieser Weg trägt langsam Früchte, auch wenn sie noch nicht sichtbar sind“, sagte der Kardinal.
Eine Diplomatie der Hoffnung
Die Worte Parolins spiegeln die Botschaft wider, die Papst Franziskus jüngst an das diplomatische Korps richtete: Ehrliche Verhandlungen und ein gerechter Friede seien möglich, wenn Vertrauen und Dialogbereitschaft wiederhergestellt würden. „Ein gerechter Friede basiert auf dem Völkerrecht und der christlichen Gerechtigkeit, die zur Liebe und Vergebung führt“, so Parolin.
Mit Blick auf die globalen Herausforderungen rief der Kardinal dazu auf, die Hoffnung nicht zu verlieren und betonte: „Auch in Zeiten der Dunkelheit kann das Licht des Glaubens den Weg erhellen.“
(vatican news)
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