Demonstration gegen die Todesstrafe im Oktober 2024 in Brüssel Demonstration gegen die Todesstrafe im Oktober 2024 in Brüssel  (ANSA)

Friedensbotschaft des Papstes: Todeszelle und Minenfelder

In seiner Friedensbotschaft für 2025, die an diesem Donnerstag veröffentlicht wurde, setzt sich Papst Franziskus einmal mehr für eine Abschaffung der Todesstrafe ein. Vor Vatikanjournalisten stieß eine US-Theologin bei der Vorstellung der Botschaft ins selbe Horn.

Krisanne Vaillancourt Murphy leitet das „Catholic Mobilizing Network“. Es hat sich zum Ziel gesetzt, Katholiken in den Vereinigten Staaten für den Kampf gegen die Todesstrafe zu mobilisieren. Der Vatikan bot ihr nun ein Forum, um dieses Anliegen vorzustellen.

„Papst Franziskus bittet um unser entschiedenes Engagement für die Achtung der Würde des menschlichen Lebens, und dazu gehört die Abschaffung der Todesstrafe in allen Nationen. Die Todesstrafe ist eine ‚strukturelle Sünde‘, die es in mindestens 55 Ländern auf der ganzen Welt gibt. Fast 28.000 Menschen sitzen in der Todeszelle; in dieser Statistik sind Fälle in Ländern, für die es keine offiziellen Zahlen gibt, natürlich nicht enthalten. In meinem Heimatland, den Vereinigten Staaten, gibt es in 27 der 50 Bundesstaaten die Todesstrafe.“

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Fast 28.000 Menschen sitzen in der Todeszelle

Papst Franziskus hat 2018 einen Passus des Katechismus der Katholischen Kirche geändert. In der neuen Fassung heißt es, dass die Todesstrafe in jedem Fall „unzulässig ist, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt“ (Nr. 2267). Der Papst argumentiert in der Regel, dass Hinrichtungen keineswegs die Gerechtigkeit förderten, im Gegenteil: Vielmehr nähre die Todesstrafe „ein Rachegefühl“, das sich zu einem „gefährlichen Gift“ für die Gesellschaft entwickeln könne.

„Das System der Todesstrafe hinterlässt überall Wellen des Leids in den Familien, in den Gemeinden und in unseren Sozialsystemen.“

„Das System der Todesstrafe hinterlässt überall Wellen des Leids in den Familien, in den Gemeinden und in unseren Sozialsystemen“, so Vaillancourt Murphy. „Wir stellen fest, dass das Strafrechtssystem die Opfer oft retraumatisiert oder sie ganz aus dem Rechtssystem ausschließt; dann ist da die Entmenschlichung in der isolierenden Enge der Todeszellen. Es gibt Beweise für rassistische Voreingenommenheit und weit verbreitete Diskriminierung, ungerechtfertigte Verurteilungen und sogar Hinrichtungen von Unschuldigen.“

Franziskus beim Besuch einer Haftanstalt 2022
Franziskus beim Besuch einer Haftanstalt 2022

Die Geschichte der Schiebers

Die Aktivistin nannte die Existenz der Todesstrafe den „Inbegriff einer Wegwerfkultur“, wie der Papst sie immer wieder beklagt. „Ein standhaftes, vom Glauben erfülltes Eintreten für die Abschaffung der Todesstrafe ist ein Akt tiefer Hoffnung in unserer heutigen Welt. Und die Erfahrung von Gottes unendlicher Barmherzigkeit und seinem Modell der Vergebung gibt unserem Zeugnis Auftrieb… Ich trage Geschichten über den Weg der Vergebung von Familienmitgliedern von Mordopfern sowie von Männern und Frauen in der Todeszelle mit mir - sie alle bestätigen, was der Heilige Vater über Heilung und Frieden schreibt.“

„...mutige Schritte, um sicherzustellen, dass ihr Schmerz nicht zu noch mehr Leid führte oder einer sündigen Gesellschaftsstruktur Vorschub leistete.“

Ihre Freunde Vicki und Syl Schieber hätten 1998 ihre Tochter Shannon verloren: Die junge Studentin wurde ermordet. „Ihr Leid war unvorstellbar; dennoch entschieden sie sich, auf eine Weise zu reagieren, die Wunden wieder heilt. Sie kämpften dafür, dass der Mann, der ihrer Tochter das Leben genommen hatte, nicht zum Tode verurteilt wurde. Im Geiste der Versöhnung unternahmen die Schiebers mutige Schritte, um sicherzustellen, dass ihr Schmerz nicht zu noch mehr Leid führte oder einer sündigen Gesellschaftsstruktur Vorschub leistete. Das Eintreten für das Leben des Mannes, der ihre Tochter getötet hatte, war ein konkreter Ausdruck der heilenden Gerechtigkeit, nach der sie sich sehnten.“

Vittorio Alfieri Fontana
Vittorio Alfieri Fontana

Ein Mitarbeiter der Rüstungsindustrie wechselt die Seiten

Auch ein weiterer Aspekt der Friedensbotschaft von Papst Franziskus wurde auf der Pressekonferenz im Vatikan näher beleuchtet – sein Appell nämlich, einen Teil der Rüstungsausgaben lieber in einen Fonds gegen Hunger und für die Entwicklung armer Staaten zu stecken. Das Wort hatte Alfieri Fontana, ein früherer Mitarbeiter der italienischen Rüstungsindustrie, der in den neunziger Jahren ausgestiegen und in den Bereich des Minenräumens übergewechselt ist.

„Doch dann wurde der Mechanismus auf einmal gestört: die Fragen der Kinder...“

„Mein Leben war nicht schlecht; moralische Probleme tauchten auf und verschwanden gleich wieder beim Gedanken, dass, wenn ich die Landminen nicht gemacht hätte, es jemand anderes getan hätte. Internationale Spannungen hielten die Arbeit stabil, und für jeden kalten Krieg, der endete, kam ein neuer im Nahen Osten und so weiter... Doch dann wurde der Mechanismus auf einmal gestört: die Fragen der Kinder, die wissen wollten, was man macht und warum man es macht, der Druck der öffentlichen Meinung, die das Problem der Landminen entdeckte… Ich habe mein Leben geändert und versuche seitdem, das ‚Vorher‘ in Ordnung zu bringen. Was für mich einmal normal war, ist zu einer Last geworden.“

„Was für mich einmal normal war, ist zu einer Last geworden“

Der Wunsch der Menschen nach Frieden werde durch Lügen, Angst und Hunger unterdrückt, so Fontana. Das spiele der kleinen Minderheit von Menschen in die Hände, die Konflikte aller Art für ihre eigenen Zwecke nutzten.

„Der große Krieg in Osteuropa bringt derzeit die Verlegung von Minenfeldern mit sich, die militärisch gesehen wenig bewirken, aber eine zukünftige Rache an all denjenigen darstellen, die einmal versuchen werden, in ihre Häuser zurückzukehren. Oder die versuchen werden, die von den Geflüchteten verlassenen Häuser zu besetzen.“

(vatican news – sk)
 

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12. Dezember 2024, 12:15