Tag des Judentums: Gegen Antisemitismus, für Frieden
„Wir verurteilen entschieden alle Formen von Antisemitismus, Gewalt und Hass“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des Erzbischofs von Bologna, Kardinal Matteo Maria Zuppi, und des Präsidenten der dortigen jüdischen Gemeinde, Daniele De Paz. „In diesen langen Monaten des tiefen Leids und der großen Bestürzung über den Krieg im Nahen Osten haben wir das Bedürfnis, einstimmig unsere Stimme zu erheben“, schreiben sie anlässlich des als Dialogtag zwischen Christen und Juden begangenen 17. Januars.
Gemeinsam die Stimme für einen gerechten Frieden erheben
„Unsere Herzen sind zerrissen von Trauer um alle Opfer, die zu zahlreich sind, um die Menschen, die in diesen Konflikt verwickelt sind, sowohl Israelis als auch Palästinenser, beginnend mit dem tragischen Terroranschlag vom 7. Oktober, und um alle, die von diesem Krieg mit seinen tragischen Folgen überwältigt wurden.“ Besonders betroffen zeigten sich die beiden Religionsvertreter über die „unschuldigen Opfer“ des Krieges, die Kinder.
„Wir appellieren an alle Menschen guten Willens, an die politischen und religiösen Führer, ihr Möglichstes zu tun, um die Feindseligkeiten sofort zu beenden. Es ist dringend notwendig, dass der Beschuss eingestellt wird, dass die Waffen schweigen und dass der Dialog an die Stelle der Gewalt tritt“, forderten der Kardinal und der Präsident der Jüdischen Gemeinde. „Jeder von uns kann und muss in seinem Bereich seinen Beitrag leisten.“ Für das israelische und das palästinensische Volk müsse es endlich eine „Zukunft in Frieden und Gerechtigkeit“ geben.
Sorge in Österreich
In Österreich zeigten sich die heimischen Kirchen besorgt hinsichtlich eines zunehmenden Antisemitismus wie auch der zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz dafür. „Die Zahl jener, die sich in Wort und Tat gegen Antisemitismus einsetzen, ist zugleich deutlich zurückgegangen. Dagegen wollen und müssen wir auftreten“, heißt es wörtlich in einer vom Vorstand des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) am Mittwoch veröffentlichten Erklärung. „Der menschenfeindlichen und menschenverachtenden Ideologie des Antisemitismus gilt es mit aller Kraft entgegenzutreten“, hält der ÖRKÖ fest.
Gerade in bewegten Zeiten werde deutlich, „wie wichtig Menschenwürde bzw. Menschenrechte, Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sind“. Die Politik sei diesbezüglich in gleichem Maße gefordert wie die Zivilgesellschaft und damit auch die Kirchen. Am kirchlichen „Tag des Judentums“ am 17. Januar würden sich Christen und Christinnen gemeinsam auf die jüdischen Wurzeln ihres Glaubens besinnen. Sie vergewisserten sich, „was das Christentum dem jüdischen Volk verdankt und lernen von und mit Jüdinnen und Juden“. Zugleich gedächten Christen der Opfer der Shoah und des Versagens der Kirchen. Selbstkritisch wird eingeräumt, dass es „immer noch christliche Stereotype gibt, die antijüdische Ressentiments nähren“. Hier sei noch viel zu tun.
Studie: weltweiter Anstieg des Antisemitismus
Aus einer Umfrage der Anti-Defamation League (ADL), die am Dienstag in New York veröffentlicht wurde, geht hervor, dass „fast die Hälfte aller Menschen weltweit“ antisemitische Einstellungen vertrete. Laut der Umfrage „The ADL Global 100“ hegten 46 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung - schätzungsweise 2,2 Milliarden Menschen – „tief verwurzelte antisemitische Einstellungen“. Dies sei mehr als doppelt so viel wie bei der ersten weltweiten Umfrage vor einem Jahrzehnt und der höchste Wert, seit die US-amerikanische Bürgerrechtsorganisation den globalen Trend untersucht.
Für die jüngste Umfrage wurden über 58.000 Erwachsene aus 103 Ländern und Territorien befragt. Die Umfrage ergab unter anderem, dass ein Fünftel der Befragten noch nie etwas über den Holocaust gehört hat. Weniger als die Hälfte (48 Prozent) erkenne die historische Genauigkeit des Holocaust an, bei den 18- bis 34-Jährigen sinke dieser Wert auf 39 Prozent. Jeweils etwas mehr als die Hälfte der Befragten habe der Aussage zugestimmt, dass Juden nur gegenüber dem Staat Israel loyal seien und zu viel Einfluss auf die Geschäftswelt hätten. Fast 50 Prozent seien der Ansicht, dass Antisemitismus mit dem Verhalten von Juden selbst zu erklären sei. Der Umfrage zufolge zählten das Westjordanland und der Gazastreifen, Kuwait und Indonesien mit jeweils fast 100 Prozent zu den Ländern und Gebieten mit den höchsten Antisemitismus-Werten. In Schweden, Norwegen, Kanada und den Niederlanden seien sie mit jeweils unter zehn Prozent am niedrigsten.
Österreich stehe auf dem 13. Platz der Länder mit dem wenigsten Antisemitismus, Nachbarland Deutschland auf dem siebten Platz. Laut dem Report haben rund 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher „eine erhöhte antisemitische Einstellung“. Vertreter der jüdischen Gemeinschaften in Europa, etwa in Italien und Deutschland, zeigten sich allarmiert über die Daten.
Die „ADL Global 100“-Studie ist laut der Anti-Defamation League (ADL) die weltweit umfassendste Studie zu antisemitischen Einstellungen.
(sir/kap – pr)
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